Prozessordnung des Königreichs Camlann (Neufassung vom 8. September 1186)

§ 1 Zweck und Gültigkeit von Prozessen

(1) Prozesse dienen in Rechtsfragen der Wahrheitsfindung und der verbindlichen Rechtsentscheidung von Sachverhalten.

(2) Prozesse müssen konform zu geltenden Kronbefehlen, königlichen Edikten und königlichen Dekreten eröffnet, geführt und geschlossen werden und dürfen nicht gegen diese verstoßen oder ihnen widersprechen.

(3) In Prozessen getroffene Rechtsentscheidungen haben so lange rechtmäßige Gültigkeit, bis sie durch die Krone selbst oder im Rahmen von Folgeprozessentscheidungen geändert oder aufgehoben werden.

(4) Diese Prozessordnung gilt im gesamten Königreich Camlann, allen Provinzen und allen überseeischen Territorien.

(5) Früher abgefasste Prozessordnungen verlieren mit der Verkündung mit dem Inkrafttreten dieser Fassung ihre Gültigkeit.

 

§ 2 Entscheidungszuständigkeiten

(1) Grundsätzlich liegt alle rechtliche Entscheidungsgewalt bei der Krone.

(2) Die Krone kann Rechtsentscheidungsgewalt an konkret zu benennende Ministerien delegieren.

 

§ 3 Beantragung von Prozessen

(1) Prozesse werden durch Einreichung einer Klageschrift beantragt und als "Klage" bezeichnet und müssen den Titel und Namen des oder der Beklagten, sowie die Schilderung des Klagesachverhaltes unter Nennung des Zeitpunktes, des Ortes, der Zeugen und alle zur Beurteilung relevante Fakten enthalten.

(2) Klagen können von jedem Angehörigen des Adels oder von jedem freien Gemeinen eingereicht werden.

(3) Klagen können nur an den zuständigen Stellen eingereicht werden.

(4) Zuständige Stellen zur Einreichung von Klagen sind
      a) bei Klagen gegen die königliche Reichskanzlei die Krone.
      b) bei Klagen gegen Adlige, Provinzgouverneure, deren Stellvertreter oder Ritter die königliche Reichskanzlei.
      c) bei Klagen gegen Soldaten und Wachen das Kriegsministerium.
      d) bei Klagen gegen Bürger und Gewöhnliche der Sheriff.
      e) bei Klagen innerhalb der Provinzen und überseeischen Gebiete der stellvetretende Provinzgouverneur.

(5) Klagen gegen die Krone finden nicht statt.

 

§ 4 Klageschrift und Klageprüfung

(1) Die unter § 3 (4) genannte zuständige Stelle prüft die vorgetragenden Klagegründe daraufhin, ob diese einen Verstoß gegen camlannisch-normannisches Recht, gegen Kronbefehle, Dekrete, Edikte, Reichskanzleibefehle, Ministerialbefehle, militärische Befehle oder Ordnungsanweisungen darstellen.

(2) Stellt die unter § 3 (4) genannte zuständige Stelle einen möglichen Verstoß gegen die unter § 4 (3) genannten Rechtsgrundlagen fest, so wird die Klage mit Prüfungs- und Zulassungsvermerk an die Anklageinstanz weitergeleitet.

 

§ 5 Anklagen und Anklageinstanzen

(1) Klagen, welche zur Anklage kommen, werden "Anklage" genannt.

(2) Anklagen können von Krone und königlichen Reichskanzlei selbständig erhoben werden, ohne dass es der Einreichung einer Klage, einer Klageschrift oder der Vorlage bei zuständigen Stelle gemäß § 3 (4) oder einer zwischengeschalteten Anklageinstanz bedarf.

(3) Von Krone oder königlicher Reichskanzlei erhobene Anklagen können mit einer Inhaftierung des oder der Angeklagten bis zum Ende des Prozesses zur Klärung der Schuldfrage verbunden sein.

(4) Sofern weder Krone noch königliche Reichskanzlei im Einzelfall anders entscheiden, werden als Anklageinstanzen
      a) bei Anklagen gegen Provinzgouverneure und den Adel die königliche Reichskanzlei.
      b) bei Anklagen gegen Ritter und Soldaten das königliche Kriegsministerium.
      c) bei Anklagen gegen Wachsoldaten, Bürger, Gewöhnliche und Unfreie der Sheriff.
      d) bei Anklagen gegen stellvertretende Provinzgouverneure der jeweilige Provinzgouverneur.
      d) bei Anklagen innerhalb der Provinzen und überseeischen Gebiete der stellvertretende Provinzgouverneur.
bestimmt.

(5) Die Anklageinstanz nimmt die geprüfte und zugelassene Klage von der entsprechenden Stelle gemäß § 3 (4) entgegen und schreibt die Anklage gegen den oder die Beschuldigten, nachfolgend "Beklagter" genannt, in einer Anklageschrift nieder.

(6) Die Anklageschrift ist der Krone, sowie Abschriften der Anklageschrift der königlichen Reichskanzlei, dem jeweils zuständigen Gericht und dem Beklagten zu übergeben.

 

§ 6 Gerichtsbarkeit

(1) Alle Gerichtsbarkeit liegt bei der Krone, welche diese jedoch an geeignete Adlige delegieren kann.

(2) Sofern weder Krone noch königliche Reichskanzlei im Einzelfall anders entscheiden, werden als Gerichtsbarkeit
      a) bei Anklagen gegen Provinzgouverneure oder deren Stellvertreter und den Adel mit Ausnahme der Ritter die Krone.
      b) bei Anklagen gegen Ritter, Soldaten und Wachsoldaten die königliche Reichskanzlei.
      c) bei Anklagen gegen Bürger, Gewöhnliche und Unfreie das Justizministerium.
      d) bei Anklagen innerhalb der Provinzen und überseeischen Gebiete der jeweilige Provinzgouverneur.
bestimmt.

(3) Vorsitzender Richter eines Gerichts ist der jeweilige Leiter der unter § 6 (2) genannten Stelle.

(4) Im Absenzfall der unter § 6 (3) genannten Person kann der jeweilige Stellvertreter als Richter eingesetzt werden.

 

§ 7 Zusammensetzung von ordentlichen und außerordentlichen Gerichten

(1) Ein ordentliches Gericht besteht aus einem Richter, einem Vertreter der Anklageinstanz, einem adligen Verteidiger und dem oder den Beklagten und, sofern vorhanden, dem oder den Zeugen.

(2) Ist der Beschuldigte von Adel, so entfällt der Verteidiger und der Beschuldigte hat sich selbst zu verteidigen und wird vom Bericht als "Verteidigung" bezeichnet, ansonsten steht es dem Beschuldigten frei, einen Adligen darum zu bitten ihn zu verteidigen.

(3) Findet sich kein Adliger, der dazu bereit ist, den Beschuldigten zu verteidigen, so kann die Krone, die königliche Reichskanzlei oder das Justizministerium einen Adligen dazu berufen, den Beschuldigten zu verteidigen.

(4) Sowohl die Vertreter der Anklage als auch die Verteidigung können Zeugen aufrufen und sind in der Wahl derselben frei, der Richter kann jedoch die Anzahl der Zeugen der jeweiligen Seite auf die Mindestanzahl 10 begrenzen.

(5) Sowohl die Vertretung der Anklage als auch die Verteidigung können sich selbst in den Zeugenstand rufen.

(6) Im Einzelfall kann die Krone oder die königlichen Reichskanzlei ein außerordentliches Gericht bestimmen, in welchem die Aufgaben des Richters, des Vertreter der Anklageinstanz und des Verteidigers in einer Person vereint sind und nennt dieses Gericht "Standgericht".

(7) Richter von Standgerichten können nur von der Krone oder der königlichen Reichskanzlei und für den jeweiligen Einzelfall bestimmt werden.

(8) Sieht sich ein Richter als befangen an, oder erachtet die Vertretung der Anklage oder der Verteidigung einen Richter als befangen, so kann durch den Richter, die Vertretung der Anklage oder die Verteidigung ein Antrag auf Befangenheit bei der Krone gestellt werden.

(9) Die Krone entscheidet auf Stattgabe oder Zurückweisung eines Antrags gemäß § 7 (8).

(10) Wird gemäß § 7 (9) einem Antrag auf  Befangenheit stattgegeben, so bestimmt die Krone einen neuen Richter.

(11) Weder gegen die Vertretung der Anklage noch gegen einen Verteidiger kann Antrag auf Befangenheit gestellt werden, da jene naturgemäß befangen sind.

(12) Gegen die Gerichtsbarkeit der Krone selbst oder gegen außerordentliche Gerichte kann kein Befangenheitsantrag gestellt werden.

 

§ 8 Öffentlichkeit von Gerichtsprozessen und Bestandteile

(1) Der jeweils zuständige Richter bestimmt zu Prozessbeginn, ob Gewöhnliche als Beobachter ohne Rederecht zugelassen sind.

(2) Der Adel und die Ritterschaft hat grundsätzliches Beobachtungsrecht bei Gerichtsprozessen, es sei denn, ein Kronbefehl untersagt dies.

 (3) Gerichtsprozesse bestehen aus der Eröffnung, der Hauptverhandlung und dem Schluss.

 

§ 9 Eröffnung des Gerichtsprozesses

(1) Der jeweils zuständige Richter stellt die Anwesenheit der Vertretung der Anklage, der Verteidigung und des oder der Beschuldigten fest, eröffnet mit dem Satz "Der Gerichtsprozess ist hiermit eröffnet!" den Gerichtsprozess und erteilt der Vertretung der Anklage mit dem Satz "Wir hören die Anklage!" das Wort.

(2) Die Vertretung der Anklage trägt mit wenigen Sätzen die Beschuldigungen gegen den Angeklagten vor und beendet ihr Eröffnungsplädoyer mit den Worten "Soweit die Anklage!"

(3) Der Richter erteilt der Verteidigung mit dem Satz "Wir hören die Verteidigung!" das Wort.

(4) Die Verteidigung trägt mit wenigen Sätzen schuldmindernde, entschuldigende oder anklagewiderlegende Punkte zugunsten gegen den Angeklagten vor, bekennt den oder die Angeklagten jeweils für schuldig oder nicht schuldig und beendet ihr Eröffnungsplädoyer mit den Worten "Soweit die Verteidigung!"

 

§ 10 Hauptverhandlung

(1) Nachdem die Gerichtsprozesseröffnung gemäß § 9 abgeschlossen ist, eröffnet der Richter die Hauptverhandlung mit den Worten: "Wir treten in die Beweisaufnahme ein!" und weist die Vertretung der Anklage an ihr erstes Beweismittel vorzulegen oder ihren ersten Zeugen aufzurufen .

(2) Die Vertretung der Anklage legt nach und nach alle eventuell vorhandene Beweismittel offen.

(3) Die Verteidigung legt nach und nach eventuell vorhandene Gegenbeweise offen.

(3) Beweismittel können auch zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb der Hauptverhandlung noch nachgereicht werden.

 

§ 11 Zeugenbefragung

(1) Zeugen werden zunächst von der Vertretung der Anklage, danach von der Verteidigung befragt.

(2) Wenn die Vertretung der Anklage mit der Befragung eines Zeugen fertig ist, übergibt sie das Wort an die Verteidigung mit den Worten "Ihr Zeuge".

(3) Wenn die Verteidigung mit der Befragung eines Zeugen fertig ist, übergibt sie das Wort an die Vertretung der Anklage mit den Worten "Keine weiteren Fragen".

(4) Sowohl Gericht, Anklage und Verteidigung können danach weitere Fragen an den jeweiligen Zeugen richten.

(5) Zuerst werden alle Zeugen der Anklage, danach die der Verteidigung befragt.

(6) Werden aus Sicht der Verteidigung durch die Vertretung der Anklage Sachverhalte ausgesprochen oder Handlungen vorgenommen, die geeignet sind den Zeugen zu beeinflussen oder dem Sinn des Gerichtsprozesses zuwiderlaufen, so kann die Verteidigung beim Richter dagegen Einspruch erheben.

(7) Werden aus Sicht der Vertretung der Anklage durch die Verteidigung oder dem Beschuldigten Sachverhalte ausgesprochen oder Handlungen vorgenommen, die geeignet sind den Zeugen zu beeinflussen oder dem Sinn des Gerichtsprozesses zuwiderlaufen, so kann die Vertretung der Anklage beim Richter dagegen Einspruch erheben.

(8) Der Einspruch unterbricht die jeweiligen Ausführungen und der Richter entscheidet über die Zulässigkeit oder die Zurückweisung von Einsprüchen gemäß § 11  (6) und (7) und erteilt danach das Wort zurück an den unterbrochenen Sprecher.

(9) Zeugen können auch noch während der Hauptverhandlung nachbenannt und in der Zeugenstand gerufen werden.

(10) Bereits befragte Zeugen können sowohl vom Gericht, der Anklage und der Verteidigung auch zu einem späteren Zeitpunkt der Hauptverhandlung erneut aufgerufen werden.

(11) Zeugen haben nur auf Befragung zu sprechen und zur konkreten Frage wahrheitsgemäß Stellung zu nehmen.

(12) Verstößt ein Zeuge gegen die Wahrheitspflicht, so zieht er damit eine strenge Bestrafung auf sich.

(13) Sind Zeugen der Auffassung, sie haben einen wichtigen Beitrag zur Sache vorzutragen, nach der noch nicht gefragt wurde, so dürfen sie das Gericht bitten, sich zur Sache zu äußern.

(14) Spricht ein Zeuge ungefragt, so hat das Gericht, die Anklage und die Verteidigung die Pflicht, diese Äußerung zu missachten.

(15) Zeugen sind vor ihrer ersten Befragung in einer Hauptverhandlung über die Sätze § 11 (11) - (14) durch das Gericht zu belehren.

(16) Eine unterbliebene Belehrung nach § 11 (15) führt nicht zur Ungültigkeit oder Nichtigkeit der Zeugenaussage, jedoch entscheidet die Königin im Einzelfall, ob der Zeuge im Falle unwahrer Äußerungen auf Antrag von Anklage oder Verteidigung dafür bestraft wird oder nicht.

 

§ 12 Rederecht des oder der Beschuldigten

(1) Der oder die Beschuldigten haben nur dann Rederecht, wenn sie konkret vom Gericht, von der Anklage oder der Verteidigung als Zeuge benannt werden.

(2) Der § 11 gilt hier entsprechend.

 

§ 13 Schluss

(1) Ist offenbar, dass alle Beweismittel vorgelegt wurden und keine Zeugen mehr zu befragen sind, so wendet sich der Richter mit der Frage "Gibt es noch vorzulegende Beweise oder zu befragende Zeugen?" an die Vertretung der Anklage und Verteidigung.

(2) Wird die Frage gemäß § 13 (1) sowohl von der Vertretung der Anklage als auch von der Verteidigung verneint, so fordert der Richter die Verteidigung zur Abgabe des Schussplädoyers auf, ansonsten wird mit der Beweisaufnahme und den Zeugenbefragungen fortgefahren und die Hauptverhandlung fortgeführt.

(3)  Hat das Gericht gemäß § 13 (2) zu den Schlussplädoyers aufgefordert, so legt die Vertretung der Anklage die schuldbegründenden Sachverhalte bezüglich des oder der Beklagten abschließend dar, fordert ein Strafmaß und endet mit den Worten: "Ich übergebe das Wort an die Verteidigung!"

(4) Nach Abschluss des Anklageplädoyers nach § 13 (3) legt die Verteidigung die schuldmindernden oder schuldausschließenden Gründe bezüglich des oder der Beklagten abschließend dar, nimmt Stellung zum von der Vertretung der Anklage geforderten Strafmaß und endet mit den Worten: "Ich übergebe das Wort an das Gericht!"

(5) Wurden die Schlussplädoyers von der Vertretung der Anklage und der Verteidigung vom Richter gehört, so wägt dieser das gehörte ab und kommt zu einem Urteil.

(6) Das Gericht kann das Urteil auch ein einem anderen Tag Verkündung unter der Berücksichtigung, dass sowohl der Vertreter der Anklage als auch die Verteidigung hierbei Gelegenheit haben müssen, zugegen sein zu können.

(6) Hat der Richter ein Urteil gefunden, so dokumentiert und verkündet er das Urteil.

(7) Haben die Krone oder die königliche Reichskanzlei das Gericht inne, so haben sich zur Urteilsverkündung alle mit Ausnahme der Krone von ihren Plätze zu erheben, bei einem anderen Richter haben sich alle mit Ausnahme von Krone und königlicher Reichskanzlei zu erheben.

(8) Das Urteil beinhaltet gegen wen es wann und mit welchen Maßnahmen vollstreckt wird.

(9) Wurde das Urteil vollständig verkündet und gegebenenfalls begründet, schließt der Richter den Gerichtsprozess.

 

§ 14 Prozessakten

(1) Klageschriften, Anklageschriften, Dokumente der Verteidigung sowie das Urteil bilden die Prozessakte.

(2) Die Krone bestimmt eine Stelle, welche zur Aufbewahrung von Prozessakten verpflichtet ist.

(3) Prozessakten dienen der Referenz bei vergleichbaren Sachverhalten.

(4) Bei weiteren Prozessen sind Richter, die Vertretung der Anklage und die Verteidigung befugt, vollständige Abschriften der Prozessakten zu erhalten.

 

§ 15 Verstöße gegen diese Prozessordnung

(1) Kommt es durch Vertreter der Anklage, durch die Verteidigung, durch Zeugen oder Beklagte zu Verstößen gegen diese Prozessordnung, so hat das Gericht dies zu rügen.

(2) Kommt es durch Richter zu Verstößen gegen diese Prozessordnung, so kann die Krone auf begründeten Antrag der Vertretung der Anklage oder der Verteidigung die jeweiligen Richter abberufen und durch andere ersetzen.

(3) Liegen der Krone begründete Anträge gemäß § 15 (2) vor, so ruht der Prozess bis zur Entscheidung hierüber.

 

§ 16 Inkrafttreten dieser Prozessordnung

Diese Prozessordnung tritt vorläufig sofort und endgültig am Tage ihrer Verkündung durch die Krone in Kraft.

 

C l a w i g ô n d e    P l a n t a g e n ê t
Herzogin von Griffindale
Königliche Reichskanzlerin von Camlann und Thule