Die Vorbereitung der Invasion
König Henri II. von England rief seine Schwester Clawigônde Plantagenêt vom kaiserlich-römischen Hof zurück, wo sie als Diplomatin für England tätig war. Die frühere dänische Königin verfügte über erhebliche militärische Erfahrung und sollte die Eroberung der Insel bis zum Christfest (=Weihnachtsfest) durchführen. Damit löste er gleich mehrere Probleme. Zum einen verfügte Cwmlynn über Gold- und Silberminen, welche der englischen Krone die Staatsfinanzen sanieren könnten. Des weiteren würde die letzte verbliebene angelsächsische Grafschaft der normannischen Herrschaft unterworfen werden. Außerdem war Camlann mit seiner mächtigen Befestigung ein perfekter militärischer Stützpunkt im Nordmeer, der für den Kampf gegen Frankreich guten Nutzen bringen konnte. Und letztendlich hielt der König auf diese Weise seine Schwester von seinem Hof fern, wo sie ihm inzwischen zu einflussreich, zu mächtig und bei den Soldaten zu beliebt geworden war. Auffällig war, dass er ihr für die Eroberung nur leichte und zahlenmäßig geringe Truppen zur Verfügung stellte und seinen wenig geliebten Sohn Richard mitschickte. So standen der dänischen Alt-Königin lediglich drei leichte Bataillone (ca. 1500 Soldaten) und eine Trosskompanie zur Verfügung, sowie vierzehn schnelle Langschiffe zum Transport. Clawigônde war gezwungen auf ihre persönlichen Leibgarde (ca. 100 Ritter)zurückzugreifen, die sogenannte "schwarze Garde". Sie musste sich nun etwas einfallen lassen, wie sie mit nur eintausendfünfhundert Soldaten zehntausend Angelsachsen würde schlagen können.

Ende Mai 1177 beauftragte Clawigônde den ihr an die Seite gestellten General Sir Brandolf de Bohun ein umfangreiches Ausbildungsprogramm mit den ihr unterstellten Soldaten durchzuführen. Hierbei lagen die Schwerpunkte vor allem bei der Taktik der bis zu jener Zeit völlig unbekannten Nachtgefechte und dem schnellen Anlanden und Befestigen eines Brückenkopfes bei absoluter Dunkelheit. Dies war in jeder Hinsicht revolutionär, denn bis dahin wurden Gefechte immer nur am Tage geführt und gegen Abend abgebrochen, da in der Nacht Freund von Feind nicht mehr zu unterscheiden war. Mit dieser Tradition beabsichtigte Clawigônde zu brechen. Tags mit verbundenen Augen und auch nachts trainierten die Soldaten unter den strengen Blicken der Herzogin und ihres Heerführers die Invasion. Sie mussten täglich Läufe und Märsche in voller Ausrüstung und bei jedem Wetter bewältigen. Wurfübungen mit Speer, Training im Schwertkampf, sowie das Überwinden von Hindernissen und Mauern wurde permanent geübt. Es dauerte drei Monate, bis die Feldherrin zufrieden mit den Leistungen war.

Zur selben Zeit entsandte Clawigônde als Kaufleute verkleidete Architekten und Bauingenieure nach Cwmlynn. Sie hatten die Aufgabe exakte Karten von der Insel zu fertigen, sowie detaillierte Pläne der Festung zu zeichnen. Die Angelsachsen waren arglos und da in Friedenszeiten die Festung jedermann zugänglich war, konnten die normannischen Agenten bereits im Verlauf des Juli der Königin genaue Karten und Risszeichnungen vorlegen. 

Normannische Zimmerleute entwickelten ganze Palisadenwandteile, welche in einer Art Baukastensystem auf Karren und Schiffen transportiert und innerhalb kürzester Zeit und stabil auf- und abgebaut werden konnten. Sie waren von der Außenseite robust und unbeweglich, von der Innenseite jedoch verschieb- und transportierbar und ermöglichten so das schnelle Errichten einer provisorischen und leicht zu verteidigenden Festung nach einer Landung. Somit war die strategische Vorarbeit erledigt.

Die normannische Landung auf Cwmlynn
Clawigônde wusste, dass ihr die Zeit davon lief, denn sie musste die Insel bis zur Beginn der Frostperiode unter Kontrolle haben. Ausgestattet mit den drei leichten Bataillonen und dem Tross landete Clawigônde am 2. September 1177 kurz nach Anbruch der Nacht an der Südostküste der Insel und lies sofort nach der Landung eine einfache normannische Holzbefestigung  mit Hafen namens "Southport" errichten. Nun kam den Soldaten das lange und intensive Training zugute, denn als am Morgen des 3. Septembers 1177 die Sonne aufging und die Insel in Tageslicht tauchte war der gesamte Südosten des Inselreiches unter normannisches Kontrolle und durch eine stabile und gut zu verteidigende Holzpalisade gesichert. Eben von diesem Ereignis entstammt der in der keltisch-angelsächsischen Welt bekannte Mythos, Clawigônde wäre eine Hexe, Magierin oder Zauberin, oder gar mit dem Teufel im Bunde. Niemand der Angelsachsen konnte sich mit dem Verstand erklären, wie sie es geschafft haben konnte über Nacht eine Festung an das Südostufer zu bauen. Tatsächlich aber lagen dieser Fähigkeit hervorragende Planung, Vorbereitung, Ausbildung und strategisches Kalkül zu Grunde. Die psychologische Wirkung auf die Angelsachsen musste verheerend gewesen sein, denn die Normannen waren ohnehin schon seit der Eroberung Englands 1066 bei den Angelsachsen gefürchtet. Ein Gegner, der aber über Nacht auf feindlichem Gebiet ganze Holzburgen bauen konnte, war unheimlich und schien übermächtig zu sein. 

Cwmlynn - Landung der Normannen

Nach Sonnenaufgang lies die Herzogin ihre 300 Ritter der Hauptstreitmacht unter Führung ihres jungen Neffen Richard und die hundert Ritter der "schwarzen Garde" unter Führung ihrer Tochter Antoinette auf ihren Pferden über die Insel ausschwärmen. Ihr Auftrag war, alle Angelsachsen, welche sich nun zwangsläufig zur gräflichen Festung begeben würden, auf dem Weg dorthin möglichst einzeln zu erwischen und zu töten. Am Abend des 3. Septembers 1177 lagen über die Insel verteilt etwa 2000 tote Angelsachsen, ohne dass die normannischen Ritter nennenswerte Verluste zu verzeichnen gehabt hätten. All diese Umstände führten schon vor Beginn der Kämpfe zur Fehleinschätzung der Angelsachsen, der Gegner wäre zahlenmäßig mindestens gleich stark. Tatsächlich standen aber nur eintausendsechshundert hervorragend ausgebildete und ausgerüstete Normannen nun noch etwa achttausend schlecht bewaffneten und mangelhaft ausgebildeten und verängstigten Angelsachsen gegenüber. Der Angelsächsische Heerführer Cedric Of Ahurn bedrängte den Herrscher der Insel, den Grafen Riothamus Meredith Rodragonat, sofort gegen den normannischen Brückenkopf vorzurücken, weil nun vielleicht noch Schwachpunkte bei der Befestigung durch deren hastige Errichtung vorhanden seien. Widerwillig stimmte Riothamus zu und Cedric ließ die am nächsten Morgen die wahllos zusammengestellten 16 Bataillone gegen die Palisade anstürmen. 

Die Schlacht bei Southport
Gleich zu Beginn der Schlacht kam das südlichste angelsächsische Bataillon in Reichweite der vom umsichtigen Brandolf auf den Schiffsdecks in Stellung gebrachten Langbogenschützen und wurde von diesen völlig ausgelöscht. Die "schwarze Garde" landete mit Unterstützung eines Langschiffes im Rücken des östlichsten Angelsächsischen Bataillons. Die elitären Ritter hielten ein furchtbares Blutgericht unter den Angelsachsen, welche völlig ungepanzert und meist nur mit Mistgabeln oder Dreschflegeln ("Angeln") bewaffnet waren. So wurde auch dieses Bataillon vollständig vernichtet. Die psychologische Wirkung der "schwarzen Garde" war enorm. Die völlig schwarz gerüsteten Ritter auf ihren gepanzerten Streitrössern ritten mitten in die angelsächsischen Reihen schlugen erbarmungslos mit ihren Streitäxten und Morgensternen in die kaum gepanzerten Leiber der Gegner. Oft waren die Blutspritzer des Vordermannes die letzte Wahrnehmung des Angelsachsen, welcher als nächster fiel. In Panik flohen von Osten und Süden her sich auflösend die Angelsachsen zurück zur Ringfestung ihres Grafen. Der nachsetzenden normannischen Reiterei gelang es weitere drei Bataillone zu vernichten, bevor diese die schützende Festung erreicht hatten. Innerhalb von nur eines Tages hatten die Normannen fünf feindliche Bataillone aufreiben können ohne nennenswerte Verluste erlitten zu haben. Dennoch war das Kräfteverhältnis noch immer nahezu 3:1 gegen die Invasoren. Trotz dieses großen Erfolges waren weder Clawigônde, noch Brandolf und Richard glücklich über die Situation. In einer offenen Feldschlacht hätten die Normannen mit überlegener Waffentechnik, Ausbildung und Ausrüstung den Feind schlagen können. Sie in der Burg zu besiegen, und das mit zahlenmäßig unterlegenen Kräften, erschien völlig aussichtslos. Ihre Vorteile - Panzerung, Bewaffnung und Ausbildung - all dies schienen nun die dicken Mauern der Burg auf dem Berg aufzuheben. Sie gaben den ungepanzerten Angelsachsen den Schutz, welches jene so dringend bedurften.

Cwmlynn - Schlacht von Southport

Verhandlungen
Graf Riothamus Meredith of Rodragonat sah sich in einer mehr als ernsten Situation. Seine Männer waren einfache Bauern, schlecht oder gar nicht ausgebildet, und kaum einer von ihnen hatte ein Kettenhemd oder sonstige Panzerungen. Die angelsächsischen Truppen verfügten weder über eine Reiterei noch über Bogenschützen. Ihm war bewusst, dass der Angriff auf die normannische Palisade ein schrecklicher Fehler gewesen war, denn so waren unersetzliche fünf Bataillone und auch der Heerführer Cedric Of Ahurn verloren gegangen, der bei dem Angriff umgekommen war. Von den drei ihm als Gegner gegenüberstehenden Feldherren, Clawigônde, Richard und Brandolf, war jeder einzelne schon eine fürchterliche Bedrohung, denn alle drei waren aus anderen Schlachten als rücksichtslose Sieger hervorgegangen und ihr Ruf eilte Ihnen voraus. Und was er über die schwarzbekleidete Prinzessin bislang gehört hatte verhieß auch nichts Gutes. Diese vier Namen aber gemeinsam und die desaströsen Ereignisse des vergangenen Tages ließen dem Grafen seine Truppen wie verängstigte Schafe erscheinen, vor deren Gatter ein Rudel hungriger Wölfe seine Runden zog. Die einfachen Männer seiner angelsächsischen Streitmacht hatten schlicht Angst. Angst um ihr Leben und Angst um ihre Familien, welche noch immer in ihren Hütten waren, die nun schutzlos vor den Füßen der Normannen lagen. Alle bedrängten den Grafen nun, mit den Normannen zu verhandeln. So entschied es sich, einen Herold zu entsenden. Der Herold wurde frühzeitig von den Normannen entdeckt und zum deren Lager eskortiert. Die Verhandlungen führte Brandolf, da es für Clawigônde es ablehnte mit Geringeren als dem Grafen selbst zu verhandeln. Dem Herold wurde diskussionslos klar gemacht, dass dem Graf im Falle der Übergabe der Insel freies Geleit für sich und seine Familie nach Frankreich angeboten würde. Anderenfalls würde es die vollständige Vernichtung der angelsächsischen Armee zur Folge haben. Bevor noch der Herold seine Forderungen hätte nennen können, wurde ihm zu verstehen gegeben, dass es niemanden interessieren würde was er zu sagen hat und so wurde er wieder von normannischen Rittern vor das Holzfestungstor gebracht.

Sein überlieferter Bericht vor dem Graf sagt aus, dass "...die (normannischen) Krieger allesamt großgewachsen und in  starken (Plättchen- und Ketten-) Panzern gekleidet sind. Die Holzfestung ist aus doppelreihigen Palisaden und hat Öffnungen (Schießscharten) für Bogenschützen. Vor den Palisaden liegen unzählige Leiber getöteter Angelsachsen. Die Normannen sind alle offenbar zuversichtlich, die Eroberung der Insel sehr schnell abzuschließen. Nach meiner Auffassung sind unsere (die angelsächsischen) Truppen dem Feind in keinster Weise gewachsen."

Riothamus war endgültig klar, dass er etwas unternehmen musste, was den Mut seiner Männer stärkte. So befahl er am 11. September 1177, dass vier Bataillone entlang der Straße zwischen dem Dorf Wealds Lynn Westen der Insel und Haupttor der Festung einen langen Schildwall bilden sollten, so dass die Familienangehörigen der Krieger in die Burg gehen und sich dort in Sicherheit bringen konnten. Würden aber die Truppen in der Burg erst mal ihre eigenen Frauen und Kinder verteidigen, so würden sie doppelt so mutig kämpfen. Das könnte dazu führen, dass man durchhielt bis zum Wintereinbruch. Die Winter auf Camlann waren gewöhnlich sehr hart, so dass die Normannen außerhalb der Festung in Kälte erstarren würden und ihren Angriff aufgeben müssten.

Die Schlacht bei Wealds Lynn
Als die normannischen Beobachter meldeten, dass die Angelsachsen einen langen Schildwall von der Festung bis zum Dorf im Westen bildeten, rief Clawigônde sofort ihren Stab zusammen. Sie befahl Richard mit der Kavallerie und der schwarzen Garde nach Schwachstellen im Schildwall zu suchen und festzustellen, was die angelsächsische Hauptstreitmacht plante.

Richard und Antoinette preschten mit der gesamten Reiterei direkt auf die Mitte des Schildwalls zu. Im Angesicht der donnernden Hufe der normannischen Schlachtrösser und der wild entschlossenen Gesichter der mit Lanzen und gezogenen Streitäxten bewaffneten Feinde, die von einem besonders hochgewachsenen rotblonden Mann mit blitzenden blauen Augen angeführt wurden, verlies viele der Mut. Schließlich warf ein erster Angelsachse sein Schild und seine Stielaxt von sich und fing an zur Burg zu rennen. Dies schien wie ein Startsignal zu sein, denn augenblicklich löste sich von der Mitte her der Wall auf und viele der Männer begannen um ihr Leben zu rennen. Andere Entschlossenere versuchten die Lücken zu schließen und - nur mit einem Rundschild und einer Lederkappe als Schutz - sich dem Feind zu stellen und so ihren Frauen und Kindern die Flucht in die Burg zu ermöglichen. Richard erkannte, dass die Gelegenheit nicht günstiger werden würde dem Feind empfindliche Verluste beizubringen und setzte die eigentlich als Scheinangriff geplante Attacke fort. Der normannische Prinz und die seine Reiter durchbrachen den Schildwall ohne jede Mühe. Richard teilte die Reiter in zwei Gruppen. Er und die Reiter der Hauptmacht rollten den Wall in Richtung Burg auf, Antoinette und die schwarze Garde taten das Selbe in Richtung Südwesten auf das Dorf zu. Da der Wall nur einreihig gewesen war hatten die Ritter leichtes Spiel mit den bewaffneten Bauern. Entweder hatten die Angelsachsen den Normannen bereits den Rücken zur Flucht zugewandt, oder die Ritter - mehrere hundert an der Zahl - trafen auf die einzelnen Verteidiger am jeweiligen Flankenende des Schildwalls. Nur etwa 700 der ausgeschickten 2000 Soldaten des Schildwalls schafften es lebend zurück in die Festung. Richard verfolgte die Angelsachsen bis vor das Haupttor der Festung. Von deren Torhaus aus hatte der Graf fassungslos die Geschehnisse verfolgt. Nun starrte er konsterniert in das Gesicht des jungen Richard Plantagenêt und ihre Blicke trafen sich. Der Prinz grinste den Grafen grimmig an, griff nach seiner Axt und schleuderte diese mit einem mächtigen Wurf in Richtung des Grafen. Der Graf löste sich aus seiner Erstarrung und bückte sich weg. Die Axt traf den neben dem Grafen stehenden Berater Sir Oswald Of Surridge und spaltete diesem die unbehelmte Stirn. Der Edelmann fiel hintüber und war auf der Stelle tot. Riothamus war blankes Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Wieder starrte er den rotblonden Königssohn an und erneut trafen sich ihre Blicke. Richard winkte ihm grüßend und rief "Bis zum nächsten Zusammentreffen! Dann hole ich mir meine Axt wieder!", gab die Sporen und ritt mit seinem Teil der Reiter zurück ins normannische Lager.

Im Südwesten vernichtete Antoinette nicht minder erfolgreich den ihr zugeordneten Teil des Schildwalls. Sie war wie im Rausch - fühlte sich vitaler den je. Im Gegensatz zu den Gegnern Richards konnten sich die Angelsachsen hier nur in das Dorf zurückziehen und hatten dort kaum Schutz. Die Hütten, nur aus Lehm, Holzzweigen und Stroh errichtet, wurden von den Normannen eingeschlossen und in Brand gesteckt. Im Dorf brach das völlige Chaos aus. Alle schrien angstvoll durcheinander, Mütter riefen nach ihren Kindern, Männer nach ihren Familien. Wer versuchte den Flammen zu entfliehen rannte in die Lanzen und Schwertspitzen der schwarzen Ritter, welche ohne Unterschied jeden töteten, der an ihnen vorbei wollte.

Antoinettes Truppen Vernichten das Dorf Weadls Lynn

Nach einer knappen Viertelstunde waren die Schreie verstummt und man hörte nur noch das allmählich verebbende Prasseln der Flammen. Antoinette stieg vom Pferd und ging mit Gefolge langsam durch das runtergebrannte Dorf.  Wo sich noch etwas bewegte oder ein Stöhnen oder Wimmern zu vernehmen war beendete dies ein Schwertstreich eines der Ritter. Am Ende hatte sie sich überzeugt, dass niemand das Massaker überlebt hatte. Antoinette sah sich um und fand den Leichnam eines besonders hübschen etwa zehnjährigen Mädchens, welches beim Versuch zu flüchten von einem Wurfspeer durchbohrt worden war. Sie zog ihr Schwert und hieb dem toten Kind den Kopf mit einem Schlag ab. Sie packte den Schädel bei den Haaren, sagte: "Kommt, wir wollen dem Grafen eine kleine Entschädigung für das hier bringen," und befahl den Rittern aufzusitzen. Die schwarzen Reiter ritten hoch zur Festung von wo sie gerade Richard in Richtung des Heerlagers wegreiten sah. Oben auf den Zinnen des Torhauses stand noch immer der angelsächsische Graf, der wie versteinert Prinz Richard nachglotzte. Erst jetzt bemerkte der Riothamus die Reiter und die Frau in der schwarzen Lederrüstung. Sie rief ihm zu: "Von den Dörflingen hat es leider nur dieser Schädel bis zu eurer Burg geschafft," und mit einem kräftigen Wurf schleuderte sie den Kopf über Mauerbrüstung. Der Kopf rollte hinter den Mauern über den Boden und als er zur Ruhe kam schien das hübsche Kindergesicht den Grafen angstvoll anzusehen. Die Prinzessin beruhigte ihr aufsteigendes schwarzes Pferd, wischte sich eine Haarsträne aus dem Gesicht und stob mit ihren Rittern Richard nach.

Camlann - 11. September 1177

Riothamus blickte noch immer in die Richtung des normannischen Lagers und fühlte sich einer Ohnmacht nahe. Die von ihm geplante Rettungsaktion hatte genau das Gegenteil erreicht und zum Tod aller Dorfbewohner geführt. Schlimmer noch: zusätzlich hatte er weitere 1300 Krieger verloren ohne dass die Normannen geschwächt worden waren. Sein engster Berater Oswald war unmittelbar neben ihm sogar innerhalb der Mauern getötet worden. Am fatalsten war aber die moralische Wirkung: Mit dem Tod ihrer Angehörigen hatten die Bauernkrieger des Grafen allen Lebensmut und jede Hoffnung verloren. Dieser Gegner schien nicht von dieser Welt zu sein. Der an und für sich wenig abergläubige Graf fühlte sich einer Dämonenstreitmacht gegenüber, welche das jüngste Gericht einzuläuten schienen. Zuerst der rothaarige und rotbärtige axtschleudernde Prinz, der wie ein nordischer Kriegsgott daher kam und dann die dunklen Ritter in den schwarzen Rüstungen, die Ausgeburten der Hölle zu sein schienen mit den mächtigen geschossenen und beflügelten Helmen, geführt von dieser schönen jungen und doch schrecklichen Frau die in ihrer schwarzen Lederrüstung und mit den langen schwarzen Haaren einem Todesengel gleich war. Der Normannensturm erschien wie Vision aus der Apokalypse. Unzählige Gefühle brachen über den Grafen herein: Wut, Trauer, Angst, Verlassensein. Welche Sünden hatte er nur begangen, dass ihn Gott nun so strafte? Für Riothamus war all das zuviel: er sank auf die Knie und weinte bitterlich und voller Verzweiflung.

Im normannischen Lager war Clawigônde mit der überraschenden und verlustlosen Vernichtung von zweieinhalb weiteren Feindbataillonen nicht unzufrieden. Was ihr mehr Unbefriedigung verschaffte war die Tatsache, dass Richard und Antoinette sich einfach über ihre Befehle hinweggesetzt hatten, denn der Feind sollte nur erkundet, nicht aber angegriffen werden. Außerdem war die Zerstörung des Dorfes nicht vorgesehen. Die Infrastruktur der Insel sollte so wenig wie möglich beschädigt werden, und die Angelsachsen würde man noch für Arbeiten brauchen. Aber der Erfolg gab Richard und Antoinette recht und Clawigônde selbst war ebenfalls eine Feldherrin, die wusste, dass Chancen genutzt werden mussten, wenn sie sich boten. Insofern konnte sie nicht rügen, dass Richard und Antoinette dies auch getan hatten. Zu ihrer Überraschung war es Richard, der mit Antoinette hart ins Gericht ging. Er war zornig, dass Antoinette das Dorf angezündet und die Bewohner hatte niedermetzeln lassen. "Es ist schon keine Herausforderung gegen diese sächsischen Bauerntölpel anzutreten! Sind wir so tief gesunken, dass wir jetzt schon Freude am Töten von wehrlosen Frauen und Kindern haben? Ist das deine Auffassung von normannischer Tapferkeit?" Seine blauen Augen blitzten Antoinette grimmig an. Antoinette schien seine Wut eher zu amüsieren. "Mein lieber Cousin, was jammerst du herum wegen den paar Toten? Mein Gott, es waren doch nur schäbige Angelsachsen!" "Ja es waren nur verfluchte Angelsachsen, aber es entspricht nicht unserem Comportement (Benehmen), wehrlose abzustechen und zu brennen!" "Ach Richard, Wehrlose! Die Bauernlümmel mit ihren (Dresch-) Flegeln und (Mist- ) Gabeln hatten sich ins Dorf zurückgezogen und sich hinter ihrer Weiber Röcke versteckt. Das Aussortieren hätte nur unnötig Zeit gekostet." Clawigônde rief dazwischen: "Genug! Tout çe qui est passé est passé (Alles was geschehen ist ist geschehen)! Daran ist nichts mehr zu ändern! Man kann schlechtheißen was geschehen ist oder nicht. Das ist aber irrelevant. Entscheidend für unsere Aufgabe ist die Effizienz! Und letztere liegt in diesem Fall vor. Ich ahnde auch nicht den Gehorsamsbruch, den Feind nur zu erkunden und nicht anzugreifen, denn die Effizienz gibt dem Angriff recht. Die Vernichtung des Dorfes, wird den Feind bis ins Mark erschüttern, sei dessen gewiss, mein Neffe! Und wenn mit der Vernichtung des Dorfes Antoinette des Feindes Kampfesmut geschwächt hat, so soll es uns recht sein. Was ich aber in Zukunft verlange und bei Missachtung schwer strafen werde ist folgendes: falls von meinen Befehlen abgewichen werden sollte verlange ich die unverzügliche Entsendung eines Meldereiters, welcher mich informiert. Sollte einer von euch beiden dies vergessen, dann sollte er sich eine angelsächsische Schwertspitze suchen auf die er zuläuft. Und damit sei das letzte Wort über den heutigen Tag gesprochen!" Trotz der großen Wut in Richard spürte er aber auch Bewunderung für Antoinette, denn sie hatte tapfer und mutig gekämpft und sie stand ihm im Kampf in nichts nach. Dennoch waren seine Gefühle eine Mischung aus Bewunderung, Zuneigung, Abscheu und Vorsicht. Mit seinen Werten und seinem christlichen Verständnis schien Antoinettes Auffassungen kaum vereinbar zu sein. Aber er wusste auch, dass sie in der Schlacht eine starke und verlässliche Kampfgefährtin sein würde.

Die Einschließung von Cwmlynn Castle
Sieben Tage später zerbrach sich Clawigônde noch immer den Kopf darüber wie man die Angelsachsen in der Festung schlagen könnte. Die normannischen Kräfte waren viel zu schwach einen befestigten Gegner anzugreifen. Nur in einer offenen Feldschlacht war der Gegner leicht zu schlagen. Das hatten die letzten Tage gezeigt. Aber bei einem hinter Mauern verschanzten Feind würde die überlegene Bewaffnung, Ausrüstung und Ausbildung nichts nutzen. Hier mussten ganz neue Ideen her. Aushungern kam nicht in Frage, denn die Festung war viel zu groß und barg in ihrem Inneren riesige Vorräte. Außerdem waren in den Ringwällen ganze Schafherden untergebracht und die in der Versorgung miteingeplanten Dorfbewohner würden nie mehr kommen um die Vorräte mitaufzubrauchen. Die Angelsachsen rührten sich nicht mehr und keiner verlies mehr die Burg. Die Normannen nutzten die Zeit zum Ausruhen und zum reparieren und ergänzen ihrer Ausrüstung. Der Tross war unentwegt damit beschäftigt Pfeile herzustellen. In Wealds Lynn war eine kleine Schmiede gewesen und so hatten sie alles Werkzeug und Material welches nach dem Brand noch brauchbar war ins Heerlager gebracht. An Eisen zum Gießen war nun kein Mangel und Bäume wuchsen ebenfalls reichlich auf der Insel. Die normannischen Schmiede und Bogner unentwegt. Bei den Kämpfen waren einige der Pferde verloren gegangen. Dieser Verlust war unersetzlich, denn auf Cwmlynn schien es kaum Pferde zu geben und die wenigen brauchbaren waren bei den Angelsachsen in der Burg.

Clawigônde rief Richard, Brandolf und Antoinette und eine Handvoll Ritter um gemeinsam einen Inspektionsritt rund um die Festung zu begehen und dabei Schwachpunkte zu finden. Die Burg selbst war nahezu unangreifbar. Durch die starken Berganstiege war an den Einsatz von Belagerungstürmen nicht zu denken und selbst Onager, Mangen oder Trébuchets (Katapultschleuderwaffen) konnten unmöglich auf den Schrägen in Stellung gebracht werden. Ein Aushungern war auch nicht möglich, denn bevor dies Wirkung zeigen würde wären die Normannen im offenen Feld Cwmlynns bereits erfroren sobald der Winter einbräche. Nur eine List würde hier helfen können. Aber welche?

Carries Landung
Beim Umrunden der Insel entdeckte Sir Brandolf plötzlich am Horizont im Westen mehrere Segel am Horizont. Kein Zweifel: da lief eine Flotte auf die Insel zu. Stirnrunzelnd betrachtete Clawigônde das näherkommen der Schiffe. Sie hatte keine Ahnung was dies nun zu bedeuten hatte.

Auch auf der Burg sah man die sich nähernden Schiffe. Waren Riothamus Gebete erhört worden? Waren Waffenbrüder aus Skandinavien auf dem Weg um den Angelsachsen beizustehen?

Clawigônde befahl Antoinette herauszufinden was das zu bedeuten hätte. Die Prinzessin stob davon, auf das Lager zu, und bald darauf ritt sie mit der Garde auf eine Bucht im Westen in der Nähe der Ruinen des Dorfes Wealds Lynn zu, welche die Flotte ansteuerte.

Knirschend schoben sich die Schiffsrümpfe auf den Sand der Bucht. Ein Steg wurde von dem größten Schiff herabgelassen, und dann gingen 20 schwerbewaffnete Ritter und eine vornehme rothaarige junge Frau von Bord. Antoinette ritt vor sie und ohne vom Pferd zu steigen fragte sie grußlos: "Was will eine Hofdame wie Ihr, Carrie de Montgommery, auf einem Schlachtfeld?" Die junge Frau erwiderte freundlich in bestem Französisch: "Ich grüße Euch, hohe Frau. Ich sehe, Ihr wisst wer ich bin. Euer Oheim, König Henri von England gab mich frei um Eurer Mutter beratend beizustehen. So bitte ich euch, der Königin von Dänemark, namentlich Clawigônde aus den Hause Plantagenêt, meine Grüße zu senden und sie um eine Unterredung zu ersuchen." "Sprecht mit mir! Ich bin Antoinette Eloise Alienne Sigrid Dagmar Baroque Knutsdotter, dänische Kronprinzessin, Nichte des englischen Königs und Tochter derer, nach welcher ihr fragtet!" "Oh, es ist mir eine Ehre euch zu treffen. Ich bin entsandt, um eurer Vorhaben hier zu unterstützen und bringe schweres Belagerungsgerät und weitere englische Ritter, welche der König nach meiner Intervention bei ihm Eurer Mutter offeriert." Die nordische Prinzessin verzog den Mundwinkel unmerklich, sagte aber dann: " Auch wenn ich nicht denke, dass das Gerät hier vonnöten sein wird, werde ich es so der Königin berichten. Haltet Euch bis auf weiteres von der Burg fern! Dort sind Speerwerfer und Bogenschützen" Grußlos wendete Antoinette ihr Pferd und ritt mit ihren Rittern auf das normannische Lager zu.

Oben auf der Burg hatte man die Szenerie in der Ferne beobachtet und schöpfte neue Hoffnung. Es sah nicht so aus, als ob dieser schwarze Todesengel und die Frau mit dem wallenden roten Haar sich mochten. Das konnte nur bedeuten, dass hier etwas geschah, was die normannischen Pläne durchkreuzte. Riothamus schickte ein Dankgebet in den Himmel. Die mitgeführten Flaggen der rothaarigen Lady zeigten drei goldene Lilien im blauen Feld. Waren das nicht die Zeichen des französischen Königs und war dieser nicht der Feind der Engländer? War das Gottes Hilfe? War nicht Frankreich der ärgste Feind der Normannen? Er rief nach unten, man möge sein Pferd satteln lassen und eine Kompanie als Eskorte zum Tor vorkommen lassen. Noch während er auf sein Pferd wartete und von Torhaus herunterblickte, sah er, dass die normannische Heerführerin Clawigônde und ihr Gefolge auf die Neuankömmlinge zuritten. Auch von den gelandeten Kräften ritt eine Delegation langsam auf die Normannen zu, ihnen voran die vornehme Frau mit dem wallenden roten Haar auf einem schneeweißen Pferd. Die Gruppen trafen sich auf einer kleiner Anhöhe und Clawigônde sowie Carrie stiegen von Pferd und sahen sich einen Moment an. Erstarrt erkannte Riothamus, dass die beiden Frauen sich um den Hals fielen und umarmten. Schlagartig wurde ihm klar: die Lilien waren als Verstärkung der Normannen gekommen. Kraftlos gab er den Befehl sein Pferd wieder abzusatteln und lies die Eskorte wegtreten.

Die Belagerung vom Cwmlynn Castle
Das mitgebrachte Belagerungsgerät war sehr umfangreich und umfasste Material zum Bau von Angriffstürmen, ferner Balisten und Onager und Trébuchets. Auf Grund der Gipfellage der Burg kamen aber letzten Endes nur die Trébuchets in Frage für einen effizienten Einsatz und dies auch nur punktuell und sehr eingeschränkt. Immerhin brachten die Schiffe rund einhundert schwergerüstete Ritter und weitere 600 Soldaten. Carrie errichtete rund um den Landeplatz ihrer Schiffe im Westen der Insel ein befestigtes Lager und baute es so aus, dass es auch als dauerhaft Unterkunft dienen konnte. Nun hatten die Normannen zwei Häfen. Und somit waren die Angelsachsen vollständig von der Außenwelt abgeschnitten. Eine Landung von Schiffen gegen den normannischen Willen war unmöglich geworden.

Clawigônde freute sich über die Verstärkungen, welche ihr Bruder endlich gestellt hatte. Mehr noch freute sie sich aber über das Eintreffen von Carrie, denn diese Frau wirkte stets inspirierend und war stets eine besonnene und kluge Ratgeberin. Sie berief für den Abend eine Versammlung der Kommandeure ein.

Man stand an  einem Tisch, der eine Karte großen Maßstabes von der Burg zeigte. Es wurden blinde Ecken und Schwachpunkte diskutiert und immer wieder fragte Clawigônde nach Carries Einschätzungen. Schließlich kam Unmut auf, denn Antoinette und auch Richard misstrauten Carries Fähigkeiten, Clawigônde geeignet beraten zu können. Selbst der sonst ruhige und besonnene Lord Brandolf hatte einen zweifelnden Gesichtsausdruck. Schließlich erhob Antoinette die Stimme: "Es ist Recht, wenn wir nun die Niederwerfung der Burg hier planen, aber es sollten die mitreden, welche schon oft genug das Blut des Gegners auf dem Schlachtfeld hervorbrachten und nicht jene, welche mit dem anfertigen von Gobelins beschäftigt waren." Diese verbale Ohrfeige in Carries Gesicht lies es für einen Moment totenstill im Zelt werden. Clawigôndes Gesicht färbte sich dunkelrot vor Zorn und sie hob an Antoinette zurechtzuweisen, doch Carrie hob die Hand und sagte sanft: "Die Tat, und die Fähigkeit das Schwert zu führen ist bedeutend! Der Geist aber den eigenen Reihen Blut zu sparen sitzt nicht nur in der Schwerthand, sondern in jedem, der die Fähigkeit hat den Dingen auf den Grund zu gehen! Meint Ihr tatsächlich, Euer Oheim ist so dumm sich mit Schwachköpfen zu umgeben? Meint Ihr wirklich, Eure Mutter befragt Crétins um Rat? Wenn Ihr das denkt, so sprecht es nun aus oder schweigt! Wir stehen nicht hier um uns zu entzweien sondern um wie ein Mann die Angelsachsen auf die Knie zu zwingen. Ich jedenfalls diene nur der hier, die hier den Oberbefehl hat und wir alle sollten es gleich tun, denn dann sind wir einig." Darauf  sank Carrie ohne Scham vom Clawigônde auf die Knie und ganz langsam und zögerlich taten es ihr die Kommandeure nach - zuletzt auch Antoinette. Nicht nur Clawigônde war verblüfft und beeindruckt von soviel diplomatischem Geschick und fortan zog man Carries Ratschläge nicht mehr in Zweifel.

Sturm auf die Burg
In den nächsten Tagen verhielten sich nun alle Ritter und Soldaten wie ein einziges großes Heer. Die Trébuchets feuerten Tag und Nacht Brandgeschosse in die Burg, welche dort aber mehr Terror verbreiteten als wirklich ernsten Schaden an den Steingebäuden anzurichten. Es zeigte sich mehr und mehr, dass das hochwertige nachgeführte Belagerungsgerät bei dieser Festung nutzlos war. Daher beschloss Clawigônde mit ihren Kommandeuren um die Festung zu reiten um nach Schwachstellen Ausschau zu halten. An ihrer Seite ritt Carrie. Ein angelsächsischer Bogenschütze lauerte darauf dass sie der Burg zu nahe kamen und feuerte gelegentlich einen Pfeil in ihre Richtung, welcher aber zu kurz kam. Nachdem sie eine Stunde auf dem Weg waren sagte Carrie plötzlich: "Haltet ein!" Alle sahen gespannt auf die deutsche Prinzessin. Nachdenklich sagte sie: "Seht ihr die Katze am Fuß der Burgmauer?" Antoinette schnaubte spöttisch. "Nach Schmusetieren Ausschau halten! Pfff!" Clawigônde wunderte sich über Carries Satz suchte aber mit ihren Augen das Tier ohne es zu sehen. Mehr aus Höflichkeit Carrie gegenüber sagte sie: "Ich kann die Katze nicht entdecken. Wo soll sie denn sein?" Carrie beschrieb die Stelle, und es dauerte noch einige Augenblicke bis Clawigônde und auch die Anderen, die nun auch nach dem Tier spähten, es entdeckten. Es war auf Grund seiner graugetigerten Fellfarbe vor den Mauern kaum zu entdecken, obgleich es sich bewegte. "Die Katze hat uns den Weg in die Burg gezeigt", sagte Carrie ruhig. "Ich fürchte du irrst, Carrie, dort ist kein Durchschlupf!" entgegnete Clawigônde. Carrie blickte die dänische Altkönigin an, lächelte und fragte: "Welche Farbe hat die Nacht? Und welche Farbe haben die Rüstungen der schwarzen Garde? Wie hoch sind unsere Leitern und hattest du mir nicht von der nächtlichen unbemerkten Landung auf Camlann erzählt?" Einen Moment sagte Clawigônde nichts, doch dann wanderte ihr Blick wie als Antwort auf  Antoinette. Diese nickte nachdenklich blickte mit einer Mischung aus Widerwillen und Anerkennung auf Carrie und sagte: "Das ist machbar!"

Antoinette lies in den folgenden zwei Tagen die Ritter der schwarzen Garde unermüdlich in voller Rüstung Tag und Nacht im normannischen Lager Leitern erklimmen und Bogenschussübungen absolvieren. Am dritten Tag aber lies sie die Ritter ausruhen. Zugleich bereitete sich das Gesamtheer unter Brandolfs Kommando auf einen Frontalangriff auf das Haupttor vor. Clawigônde gab Befehl, dass sich die Kommandeure in ihrem Zelt einfinden.

"Heute werden wir den Angriff auf die Burg beginnen. Mit Einbrechen der Dunkelheit wird der Tross lautstark ins westliche Lager ziehen. Dort werden Lagerfeuer entzündet, und die Musikanten unter unseren Leuten sollen an den Feuern aufspielen. Die Sachsen sollen denken wir sind entspannt am Feiern. Tatsächlich wird mit Erreichen der völligen Dunkelheit das Gesamtheer und Sir Brandolfs Befehl lautlos nahe vor das Burgtor verlegt. Richard und die Ritter werden mit ihren Pferden sich am linken Flügel etwas vorgeschoben bereit halten. Antoinette zieht mit der Garde auf die Nordseite der Burg. Die Garde wird nur ihre leichte schwarze Lederrüstung tragen und nimmt als Bewaffnung ein nordisches Kurzschwert, einen Köcher mit 30 Pfeilen und Kurzbogen mit. Sobald es ganz finster ist, wird die Garde die Mauer an der Nordseite überwinden, die Mauerwachen ausschalten und auf schnellstem Wege das Torgebäude einnehmen. Wenn die Fackel der Torwache erobert ist wird sie vom Torgebäude herab in unsere Richtung geschleudert. Das ist für uns das Zeichen, dass nun das Tor geöffnet wird. Als erstes stürmt Richard mit den Rittern in die Burg zum Donjon vor und wird diesen einnehmen. Alles andere übernimmt dann die die Hauptmacht. Bis zum Fackelzeichen muss völlige Lautlosigkeit herrschen. Hat noch jemand Fragen?"

 

Die angelsächsischen Wachposten starrten und lauschten angestrengt in die Dunkelheit. von dem normannischen Lager im Westen der Insel tönte Lärm, Gejohle und Musik. Offenbar feierten die Normannen bereits ihren Sieg vor. Auf der einen Seite ließ diese Arroganz des Feindes die Verteidiger wütend werden und zugleich verzweifeln, auf der anderen war es aber auch beruhigend, denn sicher würden sie nicht feiern, wenn sie vorhätten anzugreifen. Mit Entsetzen dachte Amfric, der nun auf dem äußeren Torhaus die Festung nach Süden absicherte an die Schlachten der vergangenen Tage. Diese höllischen doppelten Kettenpanzer machten die Normannen geradezu unverwundbar. Zugleich schien den englischen Soldaten jeder Hieb zu einem Volltreffer zu geraten. Die meisten von Amfrics Waffenbrüder trugen keine Rüstungsteile, denn sie waren zu arm um welche zu besitzen. Im besten Fall hatten sie einen einfachen Helm, ein altes rostiges Schwert und ein hölzernes Rundschild nach Wikingerart. Manche hatten auch einen kurzen Wurfspeer oder eine Baumaxt. Aber nur der Adel verfügte über Kettenhemden und eine Grundausstattung an Panzerung. Die Normannen aber waren allesamt bestens gepanzert und bewaffnet mit Langschwertern, langen Speeren und Langschilden, welchen den ganzen Körper schützen. Die normannischen Ritter verfügten zusätzlich über Schreckliche Waffen wie doppelschneidige Äxte oder Morgensterne, mit denen sie in den Kämpfen furchtbare Blutgerichte abhielten. Obgleich Amfric schon hunderte toter Waffenbrüder sehen musste hatte er erst einen einzigen gefallenen Normannen zu Gesicht bekommen. Wieder starrte er in Richtung der Feuer des normannischen Lagers. Nein, heute Nacht würden sie noch nicht kommen.

Nachdem sich völlige Dunkelheit über das Land gesenkt hatte ließ Brandolf so leise wie möglich die Hauptmacht antreten. Mit Richard an der Spitze rückten sie ohne Pferde und geräuschlos auf das Tor zu. Die Nerven aller waren zum Zerreißen angespannt. Alle Waffen und Schilde waren mit Stoffstreifen umwickelt. So konnten sie sie ohne Geschepper bewegen, denn üblicherweise machte das bewegen einer Truppen ordentlich Lärm. Heute Nacht aber hörte man nichts.

Antoinette und ihre Ritter kletterten endlos lange Leitern an der unüberwachten Nordseite nach oben bis auf die beiden nördlichsten Türme. Die jeweiligen Turmwachen waren schnell und lautlos ausgeschaltet. Sofort übernahmen jeweils drei Ritter die Turmkronen und machten ihre Kurzbögen schussbereit während Körbe mit Pfeilen hochgezogen wurden. Die anderen bewegten sich lautlos in den Türmen nach unten. Wer ihnen begegnete wurde war stets völlig unvorbereitet dem Feind zu begegnen und bevor er reagieren konnte geräuschlos getötet. Die Inneren Türme waren unbesetzt, da diese frühestens im Alarmierungsfall zu besetzen waren. So war es kein Hindernis, dass immer mehr Ritter auf Turmkronen stiegen und sich mit ihren Kurzbögen auf Deckungsbeschuss vorbereiteten. Antoinette schlich sich mit etwa vierzig Mann auf der Ostseite der Festung zwischen äußerer und zweiter Ringmauer in Richtung Torhaus. In Sichtweite des Torhauses hielten sie inne und beobachteten so gut die Dunkelheit dies zuließ. Oben auf dem Torhaus standen nur zwei Wachen, auf den Mauern rund um das Torhaus war niemand zu sehen. Gemurmel kam aus einem Stallgebäude etwa sechzig Meter vom Torhaus entfernt. Dort musste ein Truppenkontigent untergebracht sein. Antoinette gab Claude d'Arcy, einem ihrer Ritter, ein Zeichen in Richtung der Stallung und Claude verschwand in dieser Richtung in der Dunkelheit. Nach wenigen Minuten stand er wieder neben Antoinette. "Etwa 150 Leichtbewaffnete. Nur ein Ausgang zum Tor hin." "Sehr gut," flüsterte Antoinette "nimm dir 40 von uns und sobald der Lärm beginnt bring sie um."

Richard rückte mit den Seinen so weit vor, dass er eben gerade sicher war außerhalb der Sicht der Torposten zu bleiben. Brandolf rückte mit der Hauptmacht eng auf. Wieder kam Richard nicht darum herum Antoinettes Kühnheit zu bewundern. Manch mutiger Mann hätte dieses Unternehmen nicht gewagt, doch sie ... Fast ertappte er sich dabei, wie er sich um sie sorgte, dann aber schüttelte er den Kopf und dachte: der Feind ist es, um den man sich Sorgen müsste. Richard rief sich zurück zu seiner Aufgabe, er spannte sich und wartete auf sein Signal.

Amfric starrte in die Dunkelheit. Hatte er da nicht vor dem Tor etwas blasses aufblitzen sehen? Eine Reflektion seiner Fackel auf einem Helm? Oder Einbildung auf Grund seiner Übermüdung? Er kniff die Augen zusammen um etwas zu erkennen und hielt die Fackel soweit er konnte über die Mauer und lauschte angestrengt. Doch die Fackel war nun vor seinem Gesicht und blendete ihn nur. Nein... er hatte sich doch wohl geirrt. Nichts! Noch während er starrte und lauschte bemerkte er, dass jemand neben ihn getreten war. Er drehte den Kopf und blickte in zwei grüne Augen in einem blassen Frauengesicht, welches von schwarzen langen Haaren eingerahmt war und ihn anlächelte. Er wollte gerade etwas sagen, da sah er seinen Waffenbruder tot hinter den Füßen der jungen Frau, die ganz in einer schwarzen Rüstung gekleidet war. Amfric hob zu einem Schrei an, doch aus seinem Mund ertönte nur ein leises Gurgeln, nachdem Antoinettes Dolch seine Kehle von unten nach oben durchstoßen hatte. Das lächelnde Gesicht der Frau wurde dunkler und dunkler bis es verschwunden war. Amfric war tot. Antoinette nahm ihm die Fackel aus der Hand bevor er noch zu Boden gesunken war und warf sie in Richtung der normannischen Truppen. Die Ritter hatten bereits das Tor geöffnet. Der Sturm begann. Antoinette rannte in Richtung der Stallungen und zog das Schwert. In den Stallungen kam Unruhe auf und als der erste Mann herauskam und dabei im laufen sein Schwert umgürtete fuhr in sein Leib ein normannisches Schwert, kaum war er aus der Tür getreten. Nun wurde ein Mann nach dem anderen getötet, kaum dass er das Gebäude verlassen hatte.

Richard und Brandolf preschten mit den Rittern und Soldaten durch das Tor und rannten wie der Teufel durch die offenen Tore zum Donjon. Die Schwerter, Streitäxte und Morgensterne sausten durch Schilde, Köpfe und Leiber. Die Angelsachsen waren völlig verängstigt, schlecht ausgebildet und vor allem zu schlecht ausgerüstet um den besten Rittern ihrer Zeit nennenswerten Widerstand leisten zu können. Bald schon war der Donjon Raum um Raum gestürmt und alle Verteidiger tot - Frauen, Alte und Kinder ausgenommen. Richard stieg auf den Bergfried und hisste das englische Löwenbanner um anzuzeigen, dass die Burg erobert sei.

Als ein Leibgarderitter Clawigônde meldete, dass die englische Flagge wehte ließ sie ihr Pferd bringen und ritt mit Carole und ihren Rittern langsam in die Burg. Überall lagen die Leichen Gefallener Verteidiger und auch von einigen normannischen Rittern und Soldaten herum. Jedoch war das Ziel erreicht: die Insel war vollständig unterworfen und die eigenen Verluste waren erstaunlich gering. 

Königin Claw begnadigt die letzten Überlebenden Angelsachsen

Clawigônde lies die überlebenden Angelsachsen zusammentreiben und sich vorführen. Es entbrannte zwischen Richard, Brandolf und Antoinette ein Disput, wie mit den Gefangenen zu verfahren sei. Während Antoinette der Auffassung war, alle aufzuhängen setzten sich Richard und Brandolf dafür ein sie ziehen zu lassen. Clawigônde hörte sich das eine Weile an und verfügte schließlich, dass sie Angelsachsen als unfreie Bauern weiter die Felder bestellen dürften und so sie Versorgung der Insel wieder aufnehmen sollten. Und so war auch die neue Ordnung auf Camlann festgelegt: die Normannen herrschten, die Angelsachsen dienten.